Was war denn da wieder los?
In unnachahmlicher Dreistigkeit hat der Bundestag mal ebenso den massiven Abbau von Grundrechten beschlossen und im gleichen Atemzug wird über die Zunahme staatlicher Überwachung entschieden, als ob man in der Kantine darüber entscheidet, den Nachschlag zu nehmen oder halt nicht.
Ein nicht ganz so drastisches Gesetzgebungsverfahren wird einfach um einen Zusatz ergänzt und schon freut man sich, dass in Zukunft Messenger-Programme auf Smartphones möglicher “Gefährder der öffentlichen Ordnung” von jeder Dorf-Polizeidienststelle aus ausgespäht werden dürfen. So weit, so normal in der Bundesrepublik. Doch neben Online-Durchsuchungen und dem sogenannten Staatstrojaner, gibt es noch eine andere spürbare Veränderung. Diese betrifft Zeugen, die im Zuge polizeilicher Ermittlungen Vorladungen bekommen bzw. Aussagen zu bestimmten Sachverhalten machen sollen.
Wie jeder wissen sollte, war es bisher so, dass man keinerlei Verpflichtung hatte, mit der Polizei zu reden. Wollten die Beamten palavern, so konnte man getrost weghören und weiter seiner Wege gehen. Flatterte das Schreiben mit der schriftlichen polizeilichen Vorladung herein, so konnte diese entweder in die Sammlung eingeheftet werden oder direkt in die Weiterverwertung übergehen. Wer nicht wollte, der musste nicht. Der Polizei standen keine Mittel zur Wahl, mit denen nicht aussagebereite Zeugen zu Angaben gezwungen werden konnten.
Die Zeiten sind nun, wenn auch mit kleinen Einschränkungen, vorbei! Die neue Vorschrift liest sich wie folgt:
Zeugen sind verpflichtet, auf Ladung von Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft zu erscheinen und auszusagen, wenn der Ladung ein Auftrag der Staatsanwaltschaft zugrunde liegt.
Interessant wird sein, wie genau dieser staatsanwaltliche Auftrag aussehen muss. Wie nicht anders zu erwarten, bleibt die Gesetzeslage hier äußerst vage. So kann es durchaus schon reichen, dass der Staatsanwalt/die Staatsanwältin der örtlichen Dienststelle der Polizei einen pauschalen “Auftrag” gibt, in all seinen/ihren Verfahren die Zeugen/Zeuginnen einzuladen und in Eigenregie zu vernehmen.
Des Weiteren hielt man es nicht für nötig, die schriftliche Ladung oder gar eine definierte Ladungsfrist explizit einzuführen. So können wir uns womöglich in Zukunft darauf einstellen, dass die Polizei bei Ermittlungen (bspw. im Zuge einer An- oder Abreise zu einem Auswärtsspiel) an Ort und Stelle ein “Ladung” ausspricht und versucht, den oder die ja glücklicherweise gerade anwesenden Zeugen/Zeuginnen zur Aussage zu bewegen. Dass man in so einem Fall selbstverständlich keine Chance hat, von seinem Zeugenrecht auf anwaltlichen Beistand Gebrauch zu machen, wird dabei sicherlich lediglich schmunzelnd zur Kenntnis genommen.
Es wird nicht lange dauern, bis die ersten Präzedenzfälle geschaffen werden. Bleiben wir gespannt.